Emmi Junge


                          

                                     



 

                                                                      EMMI`S  Hörreise

 

Sagt man nicht so leichthin, dass alles im Leben seinen Sinn hätte, dass alles vorherbestimmt wäre, alles sich am Ende zu etwas Gutem zusammen fügt.

Wie kann man der zunehmenden Schwerhörigkeit seines kleinen Kindes als Mutter bitte etwas Sinnhaftes abgewinnen?

Lassen Sie mich von vorne beginnen, bei unserer Reise zum „hören und verstehen“!

Eigentlich können sich nur Betroffene vorstellen, wie es ist, sein Kind zu rufen, und es hört nichts. Wenn alle spielende Kinder Spaß haben am Rennen und bauen, nur unsere Tochter den Sinn und die Richtung nicht darin findet.

Kennen Sie den Schmerz in den Augen, wenn nach gefühlten 100x sagen ein Wort einfach nicht verstanden wird?  Kennen Sie die Nächte der Stille, das Eintauchen in die Welt des Internets, um sich auszutauschen mit anderen betroffenen Eltern? Und doch bleiben am nächsten Morgen nur dunkle Augenringe und noch dunklere Emotionen der Hilflosigkeit.

So viele schmerzhafte Situationen begleiten diese Phase unseres Familienlebens. Für uns alle ist es unendlich traurig und anstrengen, die richtigen Worte für diese, uns noch völlig unbekannten Emotionen zu finden. Sogar Trauerarbeit über die Behinderung unserer wunderschönen Tochter müssen wir erlernen. Die inneren Blockaden dabei auflösen.

Kennen Sie diese Gefühle? Viellicht nur, wenn Sie selbst betroffen sind. Vielleicht nur, wenn auch Sie sich große Sorgen um die Zukunft ihres Kindes machen müssen. Wie wird sie sich in der Welt der hörenden zurecht finden, welche Möglichkeiten (Schule, Beruf, Freunde) wird sie haben.?

Nein, so konnte es nicht weiter gehen. Unsere Sorgen gepaart mit der großen Schwester Zukunftsangst nehmen einen zu großen Raum ein. Das passt alles nicht mehr zu unserem Familienglück und vor allem zu der Kraft, die dieses wunderbare, starke Kind ausstrahlt. Hüpfend und zuversichtlich stampft sie in die Audiologischen Untersuchungen hinein, sich der Tragweite ihrer niedrigen Hörkurven nicht bewusst.

Alles hat seine Bedeutung und seinen Sinn, ja so heißt es doch!

Durch einen zufälligen Tip, erfahren wir von einer Ortsnahen Logopädin, welche sich spezialisiert hatte auf Chochlea versorgte Kinder. Und genau diese Dame gibt uns Zuversicht und Perspektiven mit auf den Weg.

Emmi bekommt mit 10 Jahren ihr 1. Und mit 11Jahren ihr 2. Chochlea Implantat. Alles, und wirklich alles läuft so wunderbar, alles fügt sich, alles scheint so seinen Weg gehen zu müssen. Ganz schnell, bereits schon 4 Wochen nach der Erstanpassung, erklimmt Emmis hören und verstehen Bereiche, von denen wir früher nur träumen gewagt hatten. Ganz selbstsicher und selbstverständlich geht sie mit „ihren Geräten“ um, ist in der Handhabung sicher.

Was früher undenkbar war, ist zunehmend kein Gedanke mehr wert.

Was früher unfassbar war, ist heute schon weit in den Hintergrund gerückt.

Heute fehlen uns oft die Worte, die Emmi früher nicht fand. Heute stehen wir alle, die Emmi täglich begleiten und bewundern dürfen, manches Mal wortlos da. Staunen über die Möglichkeiten und Chancen dieser Geräte.

Also, kann es sein, dass der Sinn der zunehmenden Schwerhörigkeit unseres Kindes, die zunehmende Dankbarkeit und Freude ist?

Ja, das kann sein.

Emmi geht mittlerweile in die 8.Klasse einer Regelrealschule und gehört zu den Klassenbesten. Ständig begleitet sie ein Rudel kichernder Girlys. Musik hören und stundenlanges Handytelefonieren gehören ebenso zu ihrem Pubertätsalltag, wie alleiniges shoppen gehen in die City oder einfach nur chillen mit Freunden.

So scheint es mir, dass ich vielleicht diese unendlich große Freude über die „normale „ Entwicklung unseres Mädchens so nie erfahren durfte. Zu viele Sorgen wären im Wege gestanden. Nun ist aber  Platz für wohltuend Alltägliches.

Ja, Schwerhörigkeit hat eben auch zwei Gesichter. Wir haben beide kennengelernt. Und ich kann Ihnen sagen: die Ci versorgte gefällt uns um soo viel besser. Die Freude ist so groß, was Emmi nun alles für Möglichkeiten hat.  Nämlich alle!
 


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Hörgeschädigt und Pubertät- wie geht  das????

Hätten Sie mich vor 5 Jahren gefragt, ob ich Angst vor den Pubertätswirren eines Teenagers hätte, hätte ich wohl etwas zornig geantwortet:

„ Was ist schon Pubertätsstress, im Vergleich zu den Sorgen um sein Kind, das schlecht hören kann“?

Unsere Tochter Emmi, nun stolze 14 Jahre alt, war zunehmend schwerhörig. Das hieß für uns, viele Jahre Angst und vor allem Sorgen. Wie wird sie sich in der Welt der hörenden zurecht finden? Wie wird sie sich entwickeln, und was wird sie alles nicht leben können? Wie werden ihre schulischen Möglichkeiten sein, wird sie Freunde finden, die sie mit ihren Einschränkungen so akzeptieren werden?

Und ganz leise waren die Sorgen noch: Wie wird sie selbst, wenn sie älter ist, sich der Tragweite ihrer Einschränkungen eher bewusst , wie wird sie,  wenn die Pubertät  sie viel Kraft kostet, die Wirren der Emotionen brodeln, damit umgehen können?

Aber so viel hat sich so ganz anders entwickelt als befürchtet.

Emmi bekam mit 10 Jahren das erste Cochleaimplantat  und mit 11 Jahren ihr zweites.

Eine Explosion, nicht nur im Hören und Verstehen, auch im emotionalen  Bereich ist viel passiert.

Sie hört und versteht alles mit ihren Geräten, nimmt an allen Bereichen aktiv teil. Kurzum: diese CI Versorgung war die einzige  gute Lösung.

In der nahen  Regelrealschule gehört sie zu den Klassenbesten, und auch dem Lehrer, fällt nichts auf, dass Emmi im Unterricht irgendwelche Schwierigkeiten hätte. Dort ist sie bestens integriert, hat viele Freunde und auch der Unterricht scheint sie nicht sonderlich anzustrengen.

 Und das Beste ist:

Emmi hat großen Spaß und Freude in ihrer Welt. Und genau diese Welt wird nun in großen Schritten entdeckt und erobert. Ganz selbstsicher.

Wie selbstverständlich erklärt sie bei unseren Reisen, am Flughafen, dass Handling der Geräte bei der Sicherheitskontrolle, mit geröteten Wangen, auch mal verlegen  in Englisch.

Wenn ich unsere Tochter bei solchen Aktionen heimlich beobachten darf, noch den Spruch von ihr im Ohr: „Mensch, Mama bist du peinlich! Chill mal!“, überkommt mich stets ein warmes Gefühl. Ja, Pubertätsstress hätte auch anders laufen können!

Wir alle wissen von Teenager, welche diese Hürde oft nur mit vielen Wirren überstehen können.

Und doch eines konnte  ich dabei lernen: Egal ob hörgeschädigt, hörend, Zahnspange oder aknegeplagt:

Allein auf die innere Kraft des Jugendlichen kommt es an.

Wenn ich nun als Mutter auf die Frage nach Pubertätsstress antworten soll, mache ich dieses mit einem stolzen Augenzwinkern. Mittlerweile betrachte ich unsere gemeinsame Reise zum Hören und Verstehen nicht mehr schmerzhaft und angstvoll.  Auch ich habe gelernt und erlebe es eigentlich täglich neu, dass das Wunderwerk CI kraftvolles leistet. Nahezu kein Unterschied ist zu bemerken zu „normal Hörenden“

Und doch gibt es einen kleinen leisen , ganz wichtigen Unterschied in der Pubertätsentwicklung unserer Tochter. Es ist genau dieses „ Augenzwinkern“ mit dem wir alle, die Emmi begleiten, sie betrachten.

Was sind hier dagegen schon kurze Null Bock Phasen, begleitet von schrillen Lachanfällen? Was ist schon abendliches abholen von Teeniediskobesuchen oder kalten Wartereien vor der Eishalle, auf versteckten Positionen? Was sind schon Aufforderungen das Instrument zu üben, wenn Musik zu hören im Moment viel cooler  ist? Und wenn die Clique vor der Haustüre steht, macht die  Aufforderung,  die Spülmaschine ausräumen wenig Sinn!

 Wir haben beobachtet, dass eben dieses Augenzwinkern , uns manches Mal von anderen „Pubertiereltern“ unterscheidet. Unser langer harter Weg zur schlussendlich optimalen  CI Versorgung in Freiburg unserer Tochter hat nun endlich sein Ziel erreichen dürfen. Oft scheinen uns Emmis Teenageralluren  fast banal zu dem Stress, den wir vorher hatten. Dies mag dann auch der Grund sein, dass wir spüren:  Emmi ist so gestärkt, taff und selbstsicher, dass sie nun auch durch  diese Zeit recht „gechillt“ marschiert.

Noch kein einziges Mal spürten oder hörten wir von ihr, dass sie mit den „Geräten“ hadert, sich gar als Sonderling sieht. Sie ist mittendrin und nicht ausgegrenzt. Ganz im Gegenteil. Sie agiert vorne mit, hat so viel Spaß dabei. Sie strahlt diese Freude aus, wie es doch nur junge Menschen kraftvoll können.  Ich kann mir das nur so erklären, dass Emmi durchaus diesen Wahnsinns -  Vorteil der Geräte täglich neu erfährt. Spätestens beim abendlichen Ablegen.

Selbstsicher „checkt“ sie alles was damit verbunden ist, erklärt auch bei Bedarf Unwissenden ihre Geschichte. Einzig ihre langen blonden Haare geben ihr noch die nötigte Sicherheit, eben ihre Geräte vor aller Welt zu verbergen.  Oder ist auch dies ein Zeichen des normalen pubertären Umgangs damit?

Also, fragen Sie mich bitte heute nochmal nach der Pubertät eines Mädchens mit Cochleaimplantaten. Da kann ich Ihnen heute sagen, nicht ohne Stolz:

Die Pubertät eines CI versorgten Kindes ist total ok! Nicht mehr, aber auch nicht weniger!!! Und vor allem: auch nicht schlimmer! Emmi steht mitten im Leben!













 

 

 

 



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